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er 1964 in Meiningen (Thüringen) geborene Künstler hat an der Kunsthochschule Dresden studiert und lebt in Berlin.
Trouble in Paradise – der Titel von Ernst Lubitschs Filmklassiker passt gut zu den Gemälden von Jens Hausmann: Die Schönheit dieser eleganten, luxuriösen Villen in der Tradition des Bauhauses oder des „International Style“ ist gebrochen durch rätselhafte Geheimnisse. Die Zeit scheint still zu stehen, nichts bewegt sich, die Szene ist menschenleer. Das erinnert an die lichterfüllte Verlassenheit eines Edward Hopper, den suspense eines Alfred Hitchcock. So durchsichtig die Häuser mit ihren Glaswänden sind, so viel verbergen sie doch, und so einladend die offenen Ein- und Durchgänge wirken, so bunkerhaft und abwehrend ist das zugleich.
Die Villen in der Nachfolge eines Ludwig Mies van der Rohe, Le Corbusier oder Richard Neutra sind Archetypen der Moderne, versehen mit ihren Pathosformeln: Flugdächer, Panoramafester und weite Terrassen mit Pools als Sinnbild vereinnahmter Natur; Glaswände alternieren mit geschlossenen, blockhaften Mauern. Es ist die Idee des Hauses als abstrakte Skulptur. Das Artifizielle der Situation wird betont durch Kunstwerke, die Hausmann gelegentlich einfügt. Hier wohnt der moderne, der „neue“ Mensch; die alte Welt, die er überwunden hat, ist auf einigen Bildern schemenhaft im Hintergrund zu erkennen.
Dem Formelhaften der Architektur setzt Hausmann seine Arbeitsweise entgegen. Zunächst überarbeitet er die in Magazinen oder dem Internet gefundenen – oder auch selbst fotografierten – Images am Computer, dann zeichnet oder aquarelliert er die Motive, um sich von der Foto-Ästhetik zu lösen, und überträgt sie freihändig auf die Leinwand. Der Pinselstrich beim Aufstreichen der Ölfarbe, oft in mehreren Schichten, gibt dem Bild sein Vibrato, lässt es atmen.
Manche Motive stammen aus Brasilien, wo Jens Hausmann sich häufiger aufhält; dort erlebt er den Anspruch der Moderne auf Totalität in zugespitzter Weise. Er beobachtet, wie die demokratische Grundidee der modernen Architektur der Demonstration von Macht, Reichtum und Luxus gewichen ist. Ein Zeichen dafür ist die Materialsichtigkeit des béton brut (Le Corbusier). Das wilde Wuchern der tropischen Pflanzen steht gegen das Bestreben des Menschen, die Welt einem bestimmten Konzept zu unterwerfen. Der alte Kampf Mensch vs. Natur findet hier ein neues Sinnbild.
Details wie tote Bäume oder Schutt von Abriss und Verwitterung, vor allem aber die Dämmerung, das Zwielicht deuten an, dass dieses Arkadien bedroht ist. Et in Arcadia ego, das Bildmotiv des Barock, das den Tod selbst in der romantischsten Paradies-Landschaft ansiedelt, erhält hier in eine zeitgenössische Form. Hausmanns Veduten sind, trotz oder gerade wegen der perfekt konstruierten Schönheit der Villen, zugleich Allegorien des Memento mori, der Vanitas – die Spiegel-Effekte der ausgedehnten Glas- und Wasserflächen unterstützen diesen Gedanken.
So sind die Architektur-Bilder von Jens Hausmann Reflexionen über Schönheit und Verfall, hoffnungsvolle Utopie und banale Realität, Fortschrittsgläubigkeit und skeptische Melancholie.
Die Homepage des Künstlers
Flyer zur Ausstellung →Download
Inzwischen ist ein 60-seitigen Katalog zu dieser Ausstellung erscheinen. Er enthält zahlreiche eindrucksvolle Bilder auch im Zusammenspiel mit der besonderen Architektur der Ausstellungsräume unseres Hauses. Der Katalog ist für lediglich 10 € im Daniel-Pöppelmann-Haus erhältlich:
Der Katalog erscheint mit freundlicher Unterstützung der
Sonntag, 5.5.2019, 15.00 Uhr
Jens Hausmann führt zusammen mit
Sarah Heitkemper (Vorsitzende)
am letzten Tag selbst durch die Ausstellung und wird dabei musikalisch unterstützt von
Justinian Keiff – Gitarre
(Friedrichs-Gymnasium Herford)
Sonntag, 14.4.2019, 15.00 Uhr
Unsere Kunstpädagogin Sonja Ziemann-Heitkemper führt durch die Ausstellung und wird dabei musikalisch unterstützt von
Christine Markwart – Klavier
Manuel Gottowik – Geige
(Friedrichs-Gymnasium Herford)
Donnerstag, 28. 3. 2019, 18.30 Uhr
„Alles lebt – nichts geht verloren“
Texte über Leben und Tod
Von Sokrates/Mascha Kaleko/ Rainer Maria Rilke / Francois Chang/ Isaac B.Singer/ Theodor Storm/ Wislawa Szymborska/ Erwin Strittmatter/ Hermann Hesse/ Hans Sahl / Joseph von Eichendorff/ Eva Strittmatter
Wo Leben ist, ist auch Tod und wo Tod ist, ist auch Leben. →weiter lesen.
ausgewählt und gelesen von den Berliner Autoren
Antje und Martin Schneider
am Klavier begleitet und kommentiert von der Berliner Pianistin
Angela Maria Stoll
Siehe auch
→Antje und Martin Schneider
→Angela Maria Stoll
Führungen mit Sonja Ziemann-Heitkemper
Veranstaltung für Multiplikatoren
Montag, 4. 3. 2019, 16.30 Uhr
Führungen sonntags
ab 10. 3. 2019 jeweils um 15.00 Uhr
Preis: Eintritt + 1,50€ pro Person
Führungen für Schulklassen nach Anmeldung
Sonderführung nach Vereinbarung (kostenpflichtig)
Kontakt/Informationen/Anmeldung
E-Mail: →Sonja Ziemann-Heitkemper
Samstag, 2. 3. 2019, 16.30 Uhr
Begrüßung:
Sarah Heitkemper
(Vorsitzende)
Wissenschaftliche Einführung:
Robert Dämmig
(Galerie Alte Schule Ahrenshoop)
Musikalische Begleitung:
Christine Markwart – Klavier
Manuel Gottowik – Geige
(Friedrichs-Gymnasium Herford)
1964
geboren in Meiningen (Thüringen)
1987
Umzug nach Berlin
1994–2000
Studium der Bildhauerei und Malerei an der Hochschule für bildende Künste Dresden
2001
Diplom für Malerei bei Prof. Ralf Kerbach
lebt und arbeitet als Maler und freier Kurator in Berlin
Einzelausstellungen der letzten Jahre
2019 Vorschau
THE PROMISED LAND – Emma Thomas Galeria, Sao Paulo, Brasilien
BABEL / 60 PICTURES – Fondacao Marcos Amaro, Sao Paulo, Brasilien
2017
RAUM UND HÜLLE – Galerie Agnes Reinthaler, Wien, Österreich
GASTS FROM BERLIN / TEIL I – Galerie Eigenheim, Weimar
2016
NIEMANDSLAND – Kunsthalle Neuwerk, Constanz
DAS GEHEIME ZENTRUM – Galerie Anja Knoess, Köln
2015
AROUND THE HOUSE (mit Alexej Meschtschanow) / SMAC – Raum für Kunst, Berlin
MINIMAL / FRAGMENTS – Galerie Z, Stuttgart
2014
MALEREI UND ARBEITEN AUF PAPIER – Orangerie Puttbus, Rügen
MELANCHOLIE / KUPRICKS HOUSE – Kunstraum Unten / Bochum
DSCHUNGEL – Kunstverein Centre Bagatelle, Berlin
Alle Einzel- und Gruppenausstellungen seit 2005 auf der →Homepage des Künstlers
Jens Hausmann stellt im Pöppelmann-Haus aus
Paradiesisches ohne Menschen
Herford (WB). Die Liebe führte Jens Hausmann nach Brasilien. Und ausgerechnet dort – weit entfernt von seinem Wohnsitz in Berlin – lernte der Maler das kennen und schätzen, was er »europäische Moderne« nennt. Die Faszination hält bis heute an.
01.03.2019 Hartmut Horstmann
Copyright © Westfalenblatt
Bild 1: the Garden / ed in Arcadia ego, 35 x 260cm, 2018 – Bild 2: Tatort Wellness center, 150 x 300cm, 2016 – Bild 3: modern house 14, 125cm x 240cm, 2012 / Privatsammlung F. Schneewind, Krefeld
Alle Fotos: © Jens Hausmann
Bild 4: In der Ausstellung